Das 19.Jahrhundert und der Weg in den Spiritismus


Als das 19.Jahrhundert langsam heraufdämmerte, konnte die Menschheit noch nicht erahnen, wie sehr sich das Gesicht ihrer Welt in den kommenden hundert Jahren verändern sollte. Nach Ablauf dieser Zeit würde es nicht mehr dieselbe vertraute Welt sein, wie einst zuvor. Sie würde einer anderen, dem Menschen fremderen Welt Platz gemacht haben. Es sollte das Jahrhundert werden, in dem sich eine Macht dazu anschickte die Gesetze der Realität neu zu ordnen und von der Menschheit verlangte ihren alten Glaubens- und Wertvorstellung aufzugeben, um dann ihrem Glaubensbekenntnis als dem einzig Wahrem zu huldigen. Diese Macht wird dem Menschen den Fortschritt bringen. Sie wird dem Menschen die Elektrizität nutzbar machen, ihn dazu befähigen Krankheiten zu heilen, das Automobil bringen und am Ende des Jahrhunderts gar in die Lüfte erheben. Es ist dies die Macht der Wissenschaft. Einer ultimativen Macht, die keine andere neben sich duldet und an jedem Tag das Recht zu ihrer Vormachtstellung durch neue Errungenschaften zu beweisen scheint. Für einen Gott und Schöpfer und einem Menschen mit einer Seele, die das Leben zu überdauern vermag, ist jedoch in dieser neuen, von der Wissenschaft erleuchteten Welt, kein Platz mehr. Weiß doch die Wissenschaft zu verkünden, dass das Leben aus rein zufälligen mechanischen und materialistischen Kräften hervorgegangen ist und diese einzig und allein von physischen Prinzipien regiert werden. Für sie steckt kein höherer Sinn hinter dem Universum und für sie existiert auch kein Leben nach dem physischen Tod. Die Welt der Wissenschaft ist eine kalte, gefühlslose Welt in der es keinen höheren Sinn zu geben braucht. *

War es ehemals die Religion, die den Sehnsüchten des Menschen nach einem höheren Sinn ihres Daseins, einem Leben nach dem Tod Rechnung trug, die ihnen Hoffnung und Zuversicht durch einen barmherzigen Gott spendete und das Gefühl gab in dieser Welt nicht allein bestehen zu müssen. Dadurch wurde es für die Menschen einfacher ihr Leben zu meistern.
Charles Darwin war es, der die Waffe in den Feuern der wissenschaftlichen Erleuchtung mit seiner Arbeit über die Entstehung der Arten (Evolutionstheorie) schmiedete und der Wissenschaft darreichte. Hiermit sollte der Religion mit ihrer lächerlichen und hoffnungslos veralteten Lehre und Glaubensvorstellung von der Welt der Todesstoß gegeben werden. Doch wenn der Glaube nicht mehr hinterfragt, sondern ihm blind Folge geleistet wird, dann wird ein System zum Dogma, das die Menschheit beherrscht anstatt ihr zu dienen. So trat die Wissenschaft mit ihrer Heilslehre an dessen Stelle. Ihre Institutionen wurden zu Tempeln und ihre Anhänger zur Priesterschaft. Jene, die nicht bereit waren bedingungslos an die neue Lehre zu glauben, wurden durch die wissenschaftliche Inquisition als Ketzer gebrandmarkt. Doch die Sehnsucht des Menschen nach einem höheren Sinn und größerer Erkenntnis blieb. So wird das 19. Jahrhundert auch zu einer Zeit, in dem sich viele Menschen von der doktrinären Wissenschaft abwenden und sich auf die Suche machen neue Horizonte zu entdecken. *
So ist es zu erklären, dass sehr viele Menschen ihr Heil in den zahllosen okkulten, sowie spiritistischen Bewegungen ihrer Zeit suchen.

Theologen, Philosophen, sowie Naturwissenschaftler diskutierten eifrig über Sinn und Nichtsinn des Lebens und ihre Erkenntnisse. Und schon bald diskutierten Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft über jene geistige Thematik. So verwundert es auch nicht, dass der Spiritismus Einzug in die Gesellschaft hielt.